von Dr. Hans Jörg Schrötter (schroetter(at)europa-union-berlin.de)
Die traditionellen Botschaftergespräche der Europa-Union Berlin sind außerordentlich beliebt. Halbjährlich lädt die Botschaft des Landes, das die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft inne hat, gemeinsam mit der EUB und den Jungen Europäischen Föderalist:innen Berlin-Brandenburg e.V. dazu ein.
Am 13. November traf man sich – anders als sonst – nicht in der Botschaft, sondern in der Berliner Landeszentrale für Politische Bildung. Der Grund? Ungarn war in jüngerer Zeit sozusagen in Ungnade gefallen – in Brüssel wie auch bei verschiedenen EU-Staaten.
Begrüßt wurden wir vom Leiter der Landeszentrale, Reinhard Fischer, von unserer EUB-Co-Vorsitzenden Katharina Borngässer sowie der Vertreterin der JEF, Lilly Bornemann. Dann hatte der Botschafter der Republik Ungarn, S.E. Dr. Péter Györkös, das Wort. In akzentfreiem Deutsch sprach er über sein Studium in Zeiten des Kalten Krieges und seine Mitwirkung an der legendären Grenzöffnung im Sommer 1989. Das Stichwort „paneuropäisches Picknick“ in Sopron rief Erinnerungen wach; mutig vollzog Ungarn den ersten Schnitt in den Eisernen Vorhang.
Nicht zu vergessen – schon 1956 wagte das kleine Ungarn als erstes Land im sog. Ostblock den Aufstand gegen die sowjetische Vorherrschaft. Schon damals, so der Botschafter, habe man in Moskau einsehen müssen - die Ungarn benötigen etwas mehr Freiheit, gehen eigene Wege. Das Wort vom „Gulasch-Sozialismus“ war geboren.
Die Ungarn, so der Botschafter, seien überzeugte Europäer. Allerdings sei man den Realitäten verpflichtet – und damit dem Modell der intergouvernementalen Zusammenarbeit: „Unsere EU ist eine Union der Mitgliedstaaten, nicht der Institutionen“. Hier wurde unser bewährter Moderator Florian Staudt, der uns durch den Abend führte, sehr deutlich: Wir, die Europa-Union Berlin, seien im Gegenteil überzeugt vom Ziel eines föderalen Europa.
Beim Thema Wirtschaft zitierte der Botschafter den sog. Draghi-Bericht; seit Jahren verliere Europa an Boden. Es gelte, erst etwas zu erwirschaften, bevor es an das Verteilen gehe.
Aus dem Publikum wurde gefragt, warum Ungarn den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands blockiert habe. Der Botschafter blieb diplomantisch. Schweden habe sich sehr kritisch zur politischen Haltung Ungarns geäußert. Zugleich verwies er darauf, dass Victor Orban bereits 2016 – als erster in der EU - eine Europäische Armee angeregt habe.
Auch nach Ungarns Haltung zur deutschen „Willkommenskultur“ 2015 wurde gefragt. Sie habe, so der Botschafter, unser Schengen-System in ernste Gefahr gebracht und letztlich zu neuen Grenzkontrollen geführt. Damals wie heute erreichten viele Migranten die EU über sichere Drittstaaten, seien also nicht asylberechtigt.
Ungesteuerte Migration und Fachkräftemangel seien, so der Botschhafter, unterschiedliche Themen. Auch habe Asyl mit Integration wenig zu tun; Asyl sei lediglich Schutz auf Zeit. Sein Fazit: da hier eine europäische Rechtsgrundlage fehle, habe jedes Land selbst zu entscheiden, mit wem man zusammenleben will.
Und die Erweiterungspolitik? Ungarn unterstütze als einziges EU-Land einen Beitritt Georgiens; „auch eine rechtsnationale Regierung kann europafreundlich sein“ - so der Botschafter. Zur Ukraine zitierte er den Deutschen Bauernverband: ein so riesiges Land sei in die derzeitigen Strukturen der EU nicht integrierbar.
Ein inhaltsreicher Abend. Unsere gewohnten Sichtweisen wurden allerdings nur begrenzt bedient. Erleben wir heute eine Art „Gulasch-Demokratie“? Sollte sich Brüssel ähnlich tolerant zeigen wie einst Moskau?
Samstag, 14. Juni 2025
Europa im Kiez - Lichtenberg, Wir im Kiez
Wieviel Europa steckt eigentlich in Berlin und vor allem in meinem Kiez? Im Zelt von „Europa im Kiez“ können Sie Ihr Wissen über Europa, die EU aber auch über den Bezirk testen und Preise gewinnen.
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Montag, 23. Juni 2025, 18:00 Uhr
Botschaftsgespräch mit dem Geschäftsträger ad interim der Republik Polen Jan Tombiński
Im Rahmen ihres traditionellen Botschaftsgesprächs lädt die Europa-Union Berlin e.V. Sie gemeinsam mit der Botschaft der Republik Polen in Deutschland und den Jungen Europäischen Föderalist:innen Berlin-Brandenburg e.V. ganz herzlich ein zu einem Gespräch mit dem Geschäftsträger ad interim Jan Tombiński. Seit Januar 2025 hat Polen die EU-Ratspräsidentschaft inne und setzt mit dem Motto „Sicherheit Europa!“ einen klaren Fokus auf sicherheitspolitische Fragen. Welche Maßnahmen wurden bereits umgesetzt und welche verbleibenden Herausforderungen stehen für die letzten Wochen der polnischen Präsidentschaft an?
Polnische Botschaft, Unter den Linden 70-72, 10117 Berlin
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Samstag, 28. Juni 2025 bis Sonntag, 29. Juni 2025
Europa im Kiez - Friedrichshain-Kreuzberg, Kreuzberg-Festival
Wieviel Europa steckt eigentlich in Berlin und vor allem in meinem Kiez? Im Zelt von „Europa im Kiez“ können Sie Ihr Wissen über Europa, die EU aber auch über den Bezirk testen und Preise gewinnen.
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Samstag, 28. Juni 2025, 10:00 Uhr
Jahresmitgliederversammlung
Wir werden dieses Jahr turnusmäßig den EUB-Landesvorstand und die Delegierten für die Gremiensitzungen der Europa-Union Deutschland neu wählen. Außerdem freuen wir uns über einen Impuls mit anschließendem Austausch mit Michael Roth, ehemaliger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag und Staatsminister für Europa a. D.
Europäische Akademie Berlin, Bismarckallee 46/48, 14193 Berlin
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